Vielen Dank Carola für die schöne Rückmeldung, hier ist, wie gewünscht, der nächste Bericht:
Mama Sami reist aus eisiger Kälte als fünfter Schützling an. WOW, ein Moment, an dem ich am liebsten die Zeit und die Luft angehalten hätte: was für eine hübsche Lady. Habe ich sie mir doch im aschgrauen Hobo-Look vorgestellt: verwuschelt, glanzlos, spröde und verwegen. Kein Wunder nach ihrer Vorgeschichte: Sami sucht für ihre 3 Kinder Lümmel, Oliva und Zazu einen leeren Fuchsbau als Schutz aus. Selbstlos und mutterseelenallein versorgt die couragierte Mama ihre Kleinen und schenkt ihnen bedingungslose Liebe und Verlässlichkeit. Einfach fantastisch, sie hat Wertschätzung und Hochachtung verdient.
Sami war vor der Ankunft in Deutschland beim Frisör! Nun tritt sie mit flottem, frischem Kurzhaarschnitt auf, fast lackschwarz, glatt und voller Glanz. Ihr Blick, absolut einladend, intensiv und warm, aber sowas von! Das betörende Klimpern mit ihren langen Wimpern haut mich förmlich aus den Socken. Lizzy erhält meine volle Aufmerksamkeit, und ehrlich, sie könnte mich schwach machen, ich kann nur mühsam widerstehen.
In diesem Zusammenhang habe ich einen wichtigen Appell an alle Laienschnippler, Frisöre und Barbiere:
Aufgepasst!!! die Zeit der Bader ist längst vorbei, bitte seid nicht versehentlich oder aus Unwissenheit heraus barbarisch!
Bitte nehmt bei der Gesichtsschur von uns Hunden unbedingt Rücksicht auf unsere Schnauzhaare (Tasthaare, Vibrissen) und lasst sie intakt.
Diese erscheinen als gröbere, dickere Haare, die Follikel sind durch das Vorhandensein vieler Nervenfasern gekennzeichnet, die sensorische Information an unser Gehirn senden. Es sind unentbehrliche Tastinstrumente die uns bei der Orientierung helfen und in ihrer Funktion stark mit dem visuellen System verbunden sind. Sie unterstützen die Entfernungseinschätzung und können selbst kleinste Veränderungen des Luftstroms wahrnehmen. Sie dienen dazu, uns auch im Dunkeln zurechtzufinden und unterstützen die Einschätzung der Entfernung. Die Schnurrhaare sind wichtige und hilfreiche Wahrnehmungswerkzeuge für uns.
In Deutschland ist das Abtrennen der Vibrissen tierschutzrechtlich untersagt und gilt im Sinne von Paragraph 6 TierSchG als vorübergehende Amputation, welche dem Tier zeitlich begrenzten, aber erheblichen Körperschaden bereitet.
Sami benötigt auch keine Unterstützung mehr, die beste Version ihrer selbst zu werden, das strahlt sie einfach aus: einen diskreten Charme der Bourgeoisie. Freundlich, zurückhaltend und dennoch zärtlich verschmust begegnet sie Hunden und Menschen.
Deshalb nennen wir sie auch liebevoll Lizzy, dezent elegant im Auftreten, völlig unaufdringlich und bescheiden. Geduldig akzeptiert sie ihr Körbchen und beobachtet aufmerksam das Geschehen. Lizzy reiht sich pflegeleicht, anspruchslos, genügsam und zufrieden in den Alltagsablauf ein, als wäre sie schon immer bei uns gewesen.
Der Wunsch zu leben und glücklich zu sein scheint bei Lizzy eingeboren. Gelernt auch im Schatten zu leben, fügt sie sich gelassen und artig in die Rangordnung ein.
Lizzy hat einfach die wunderbare Begabung aus den Optionen, die sie hat, das Beste zu machen. Im Grunde ihres Wesens ist sie ganz schön souverän. Schon bald weicht Millies Skepsis und sie sammelt fürsorglich emsig Trockenfutter für Lizzy und überbringt ihr die kleinen Bröckchen, macht ihr sozusagen ein Mafia-Angebot. Diese delikate Auswahl kann Lizzy gar nicht ablehnen, da sie Nimmersatt ist. Nebenbei bemerkt, sie schätzt die gut bürgerliche Hundeküche. Aber auch meinem Clanangebot mit Präsentieren von diversen Spielzeugen, kann sie ebenfalls nur Folge leisten. „Manipulative Integration“ nennt man das wohl.
Lizzy fordert schon nach kurzer Zeit ganz lässig zum Spielen auf. Sie weiß, was sie will und zeigt es auch. Ist für jeden Unfug zu gewinnen.
Neckt uns fröhlich, auffordernd und tollt verwegen mit uns und den Spielzeugen. Ihre Rute wedelt hochtourig und Lizzy zeigt uns ihr freundliches, fröhliches Lachen. Bei uns sagt man: „un da dät et laache, su wie ne Sunnesching“.
Beredsam kann Lizzy sein, sie fiept leise und unspektakulär, aber es sprudelt nur so aus ihr heraus, aufgekratzt und schnell, als hätte sie für eine großartige Geschichte viel zu wenig Zeit. In diesen spannungsvollen Momenten ist Lizzy meine Crime-Queen.
Nach dem Redeschwall streckt Lizzy uns tiefenentspannt den Bauch entgegen, wälzt sich einige Male behäbig um die eigene Achse. Ausgeglichen und autonom kuschelt sie sich dann grunzend ins Körbchen und seufzt genüsslich. Was für eine Bereicherung ist diese liebenswürdige, charmante Hundefrau.
Gentleman like führe ich Lizzy als Personal Guide gerne zum Spazierengehen im weitläufigen Schlosspark herum. Anständig und gesittet, aber man darf ja mal träumen bei diesem Ambiente. Gemeinsam schwelgen wir in der Vision adelig zu sein: der Bauernlümmel und die Bürgerliche werden zu Earl John-Boy und Countess Lizzy.
Träumen tue ich Spätzünder auch von einer Menage a trois, könnte ich mir gut mit Lizzy und Millie vorstellen, so richtig knuffig als Hahn im Korb. Könnte mich selber in die Haxen beißen und mir schwillt der Kamm: ich hätte einfach fragen können! Aber schon nach gut drei Wochen gibt es liebevolle Menschen für Lizzy und ich gucke dumm aus der Wäsche.
Immerhin hat die Gute ein überzeugend liebevolles Zuhause in NRW (Nicht Richtig Weit) gefunden und es gibt bestimmt ein Wiedersehen. Sie wird jetzt, angemessen für die Lady, in einer Villa leben und von ihren Menschen verwöhnt werden. Beim Abendgang sehe ich einen vollen Mond am Himmel und ich hätte ihn gerne angeheult. Auch die Sterne geben noch einmal alles und funkeln hell und zeigen mir den Weg nach meiner Wohlfühl-Bleibe.
Ein paar Tage nach Frühlingsanfang wird, wenn alles gut geht, unserer sechster Pflegekandidat einreisen. Wieder eine Hündin, sie soll bei uns „Edda“ heißen. Und diesmal werde ich nichts verpassen, ich werde die richtigen Fragen stellen, ich kann nur gewinnen, nicht verlieren.